3. Spieltag Bezirksliga und Bezirksklasse

Aufstiegskurs in der Bezirksliga wird weiter verfolgt

Krise in der Bezirksklasse verhindert

Der erste Advent ist da und Halle ist verschneit. Vorab wurden alle Teams von mir darüber informiert und als ich 40 Minuten vor Spielbeginn die Türen zum Spielsaal öffne, sehe ich, dass am Abend vorher noch eine Party gefeiert wurde. Zwar wurde der Müll zusammengetragen, aber weder der Boden gefegt, noch wurde der Müll entfernt. Genervt startete mein Tag also und angespannt war ich ohnehin, da ich es nicht schaffte, mehr als vier Stunden Schlaf zu bekommen.
Gerade noch den Besen in der Hand ist Brett 1 aus Hettstedt auch schon angekommen. Wir haben es 08:30 Uhr! Pünktlich um 9 Uhr war dann auch alles vorbereitet und nachdem ich alle begrüßt hatte, startete wie gewohnt Schwarz die Uhren. Alle Bretter wurden besetzt. Während wir in der Bezirksliga mit unserem 2. Team aktuell tabellenführend sind und gegen die engsten Verfolger aus Lettin antreten müssen, gab ich kurz vorher Christian Reinsch den Hinweis, dass er mit der schwersten Aufgabe des Tages darauf achten sollte, die Damen nicht unüberlegt abzutauschen, dem es offensichtlich nochmal einen Tick Sicherheit gab, bevor er die Partie begann. Doch zunächst die Aufstellung:

SV Roter Turm II gegen VfB Lettin 07 – Bezirksliga 3. Runde

1. Sven Hering (1823) gegen Dr. Christian Reinsch (1570)
2. Matteo Schröpfer (1586) gegen Oliver Schunke (1704)
3. Joachim Weigelt (1560) gegen Julian Swoboda (1493)
4. Julian Brückner (1534) gegen Diego Weber (1428)
5. Matthias Renner (1467) gegen Sven Wusterhausen (1292)
6. Frank Schröpfer (ohne) gegen Mathias Brünninghaus (1304)

Kurz nach Beginn kam als moralische Unterstützung Anika Schmitz ins Spiellokal und beobachtete alle Partien und machte Fotos von allen Spielenden. Ein kurzes Nicken ihrerseits zeigte an, dass an Brett 6 Frank hier mit Matt durch Dame und schwarzfeldrigen Läufer (steht auf h6) auf g7 drohte. Einziger Zug des Gegners, um keine Qualität zu verlieren, ist hier der Springer nach e8. Doch das wiederum bedeutet, dass fast alle Figuren von ihm sehr eingeengt (Turm steht auf f8 und König auf g8) nun auf der Grundreihe stehen und das bedeutet neben der aufrechten Drohung auch, dass Frank hier mit Tempo die Partie ordentlich und langsam zu Ende spielen kann.
Ich selbst sah mich mit Schwarz nach der Eröffnung leicht im Vorteil und war dabei anzugreifen. Der Gegner zieht einen Bauern und immerhin laut Engine -2,0 für Schwarz! Noch finde ich hier die besten Züge.

Unterdessen spielt Christian Reinsch an Brett 1 fast genau nach Plan und anstatt hier zu verteidigen, rechnet er deutlich länger als sein Gegner, der unter seinem DWZ-Niveau spielt, und kommt in eine extrem vorteilhafte Stellung mit dem Potenzial Matt zu setzen.
Julian Brückner an Brett 4 übt langsam immer mehr Druck auf seinen Gegner aus und steht auch hier nach der Eröffnung vorteilhaft.

Der andere Julian an Brett 3 hat hier bereits eine Leichtfigur für einen Bauern gewonnen und geht auf das Endspiel zu. Er überlegt und statt Bauer für Bauer zu tauschen, entscheidet er sich dafür, die Figuren zu tauschen. Folgerichtige Entscheidung. Joachim Weigelt ist sichtlich überfordert mit der Partie, doch er wehrt sich noch eine Weile.

Matteo Schröpfer an Brett 2 befindet sich in einer ausgeglichenen Stellung, doch auch Oliver Schunke bleibt hier unter seinen Erwartungen und nach und nach wird der Druck von Matteo immer größer.
Nachdem ich selbst nun in ein Abtauschsituation geriet, in der ich meinen ersten Fehler und somit meinen Vorteil verspielt habe, war es Frank Schröpfer an Brett 6, der zuerst aufgab. Mehrere Qualitäten wurden hier verspielt und bitter geraten wir mit 0-1 in Rückstand.
Julian Swoboda zwingt seinen Gegner im Endspiel Turm+Läufer gegen Turm zu einem Austausch der Schwerfiguren und bringt einen Bauern auf der A-Linie sicher zur ersten Reihe. Der Gegner gibt auf 1-1.
Während ich von der Toilette zurückkomme und Christian Reinsch mir sagt, dass er in Zeitnot ist, steht Matteo auf und hat gewonnen. Sein Gegner ist unglaublich genervt und im Spielsaal wird es zu der Zeit sehr unruhig. Ich notiere das Ergebnis, denn wir führen 2-1 und ein Blick aufs Brett 1 zeigt, dass Christian Reinsch hier 3 Schwerfiguren auf den gegnerischen König gerichtet hat. Und tatsächlich lohnt sich ein Einschlag. Doch Christian wählt die falsche Linie, die ihn zum Sieg führt und als seine Uhr vor dem 40. Zug abläuft, steht es 2-2.
Durch all die Aufregung fing meine Konzentration an nachzulassen, dennoch war ich in der Lage zu erkennen, dass meine Stellung alles andere als vorteilhaft ist. Mein Läufer steht schlecht. Meine Bauernstruktur bröckelt, Figuren sind ungedeckt und seine Dame kann machen, was sie will. Enttäuscht von meinem eigenen Spiel, versuche ich auf Fehler des Gegners zu hoffen und irgendwie an den König zu kommen, doch ich sehe, dass absolut nichts mehr geht und schließlich muss ich aufgeben. 2-3.

Doch an Brett 5 spielt immer noch Julian Brückner, der mit 4 Bauern und Turm lediglich gegen 2 Bauern und Springer die Partie locker runterspielen muss. Kurzes Aufatmen, der Gegner übersieht eine wertvolle Springergabel und dann macht Julian den Sack zu. C- und F-Bauern sind frei und der König kann nicht beide aufhalten (Springer und Turm wurden getauscht). Der Gegner gibt auf und wir halten remis gegen VfB Lettin, trotz zahlreicher Ausfälle. 3-3

In der Bezirksklasse (ebenfalls 3. Runde) musste unser 3. Team gegen das ebenfalls dritte Team aus Hettstedt antreten.

Vor der Partie musste ich entscheiden, Lillemor an Brett 2 zu setzen. Ein gewagtes Vorhaben, denn sie hat wenig Spielerfahrung und Hettstedt ist gut besetzt angereist und auch Flora Greither, die ihre erste Partie für die offenen Teams spielte, sitzt an Brett 3 vor einer großen Herausforderung.
Emrah Sen wiederum machte ebenfalls sein Debüt für die Teams und fürchtet sich überhaupt nicht. „Gewinnen, natürlich“ – so seine Worte vor der Partie.
Die Aufstellung:

SV Roter Turm III gegen SF Hettstedt III – Bezirksklasse 3. Runde

1. Franziska Becker (1584) gegen Theo Müller (1636)
2. Lillemor Seidlitz (ohne) gegen Gunnar Dockhorn (1544)
3. Werner Schubert (1508) gegen Flora Greither (1176)
4. Nazim Emrah Sen (1436) gegen Rainer Fellmuth (1100)

Nach nicht mal 2 Stunden Spielzeit (zu der Zeit war in der Bezirksliga noch kein großartiger Vorteil erspielt worden), fast gleichzeitig, haben Flora und Emrah unaufhaltbare Mattbilder erspielt und unterschiedlicher können die Reaktionen nicht sein, während Flora voller Freude strahlend ihre Gratulation abholt, erklärt mir Emrah: „Was will er machen, kommt Turm da, ich gebe Schach, kommt Dame dort, ich gebe Schach, so oder so – ich gewinne.“ und er geht den leichten Schneefall an der frischen Luft genießen. 2-0 und ich musste in dem Moment jubeln, denn trotz aller Vorbereitung und spielerischen überzeugenden Leistungen ist es uns bisher nicht gelungen einen Punkt zu holen. Jetzt haben wir allerdings alles in der Hand den Sieg zu ergattern, denn Theo spielt gegen eine Spielerin, die bekannt dafür ist, auch in gewonnen Stellungen Remis anzunehmen. Aber das weiß Theo nicht und so probiert er einen Bauern zu gewinnen, doch seine Gegnerin hat einen Freibauern und einen Turm dahinter und auch ihr Läufer kann das Umwandlungsfeld decken. Also alles andere als leicht, hier Remis zu halten. Draußen treffe ich ihren Mann mit Baby auf dem Arm, dem ich sage, dass seine Frau eine leicht vorteilhafte Stellung hat. Dieser erwidert: „Naja, wenn der Gegner Remis anbietet, wird sie es annehmen. Ich habe zwar keine Ahnung vom Schach, aber sie nimmt immer Remis an.“ Ich weiß jetzt nicht, ob diese Infos stimmen, denn laut Statistik hat sie in der letzten Saison mit 6 von 7 gespielten Partien nur eine Niederlage hinnehmen müssen und den Rest gewonnen und das sogar 2 Spielklassen höher.
Kurz bevor Theo mit Qualität weniger (Läufer für Turm) in ein nachteiliges Endspiel gehen muss, gibt er auf.
Doch bevor Theo aufgab, hat Lillemor es geschafft, mit 2 Türmen und einem Springer gegen 2 Läufer und einen Turm in ein Endspiel zu gehen. Turm und Springer von ihr stehen auf der siebten Reihe. Viele Bauern des Gegners hängen. Doch sie greift erstmal die Läufer an, die natürlich wegziehen, doch dadurch gehen sie immer weiter weg von ihrem eigenen König und der muss jetzt selbst schon Felder ziehen, denn hier droht ein Matt in 2! Der Turm des Gegners steht weiterhin auf dem Startfeld und praktisch keine der verbliebenen Figuren des Gegners spielen überhaupt noch mit. Lillemor verdoppelt die Türme und gewinnt und bringt uns den ersten Sieg in der Bezirksklasse. 3 zu 1 der Endstand.

Ich möchte anmerken, dass bei dieser Begegnung der Anteil weiblicher Spielerinnen, mit 3 aus 8, nicht nur deutlich höher lag als der gesamtdeutsche Durchschnitt in offenen Teams, sondern auch die Siegquote dieser Drei heute 100% betrug. Und alle haben, von der DWZ her (Lillemor hat noch keine DWZ), stärkere Gegner gehabt, was diese Siege überhaupt erst besonders macht.
Ich bin äußerst zufrieden mit dem Tag, der nicht sehr vielversprechend begann und um 13:30 kam dann ein Verantwortlicher, der gestern die Feier nicht spurlos verlassen hatte, und nachdem wir unser Schachequipment verstaut hatten, überließ ich es ihm den Saal allein sauber zu machen und die Tisch- und Stuhlordnung wieder herzustellen.
Am 14. Januar 2024 geht es dann weiter, während das dritte Team nach Granschütz muss und das zweite Team spielverlegend eine Woche später in Bischofrode antritt. Am 10. Dezember spielt noch unser 4. Team gegen USV Halle V in der Kreisliga Mitte und wir hoffen auch dort auf ein gutes Ergebnis.

Bis dahin wünsche ich eine frohe Zeit

Sven Wusterhausen

 

Bearbeitet: Bilder entfernt